Wir mögen es gar nicht, das Getriggert werden. Dabei können wir daraus so viel über uns lernen und daran wachsen. Der Weg raus aus Triggern, die Dynamiken kreieren, ist insbesondere für Paare eine große Herausforderung – und zugleich eine riesige Entwicklungschance.
In einer Liebesbeziehung setzen wir leider oft voraus, dass die andere Person uns einfach so versteht und weiß, was wir fühlen. Vor allem wenn uns die Triggerpunkte des anderen nicht bewusst sind oder wenn wir sie ablehnen und dagegen ankämpfen, weil wir selbst dadurch getriggert werden, landen wir schnell in einer destruktiven Dynamik. Dann fliegen die Fetzen und es geht nur noch ums Rechthaben. Oder wir entfernen uns voneinander, weil wir einfach nicht miteinander klarkommen.
Was ist überhaupt ein Trigger?
Der Begriff „Trigger“ beschreibt in der Psychologie den Effekt, bei dem durch verschiedene Sinneseindrücke meist traumatische Erinnerungen oder Gefühle wieder auftreten. Da es hier um Paarbeziehungen geht, beschränke ich mich auf Trigger, die durch das Verhalten einer Person ausgelöst werden. Was da geschieht, muss erst einmal gar nichts Dramatisches sein – im Gegenteil: oft sind es von außen betrachtet ganz banale Alltagssituationen. Sowas wie der Streit darüber, wie die Spülmaschine ein- oder ausgeräumt werden soll.
Bei einem Trigger erscheint die emotionale Reaktion im Verhältnis zu dem Ereignis häufig unangemessen. Oft verstehen wir uns dann selbst nicht. Vielleicht handeln wir sogar gegen unsere Werte, werden aggressiv oder ziehen uns zurück. Der Grund dafür ist, dass wir innerlich in Aufruhr sind. Unser Nervensystem hat in den Überlebensmodus umgeschaltet. Anstatt sachlich zu diskutieren oder uns mitzuteilen, sind wir angespannt, haben eine kurze Zündschnur oder erstarren.
Wie im Tierreich gibt es im Überlebensmodus mehr oder weniger die Alternativen Kampf, Flucht, Beschwichtigung oder Totstellen. Die Aktivierung können wir wahrnehmen: durch körperliche Empfindungen wie erhöhten Puls, Schwitzen oder Enge in der Brust. Somit gibt es klare Marker und Signale, die uns zeigen, dass etwas gerade aus dem Ruder läuft.
Warum triggert MICH genau DAS?
Häufig ist es so, dass das Verhalten unseres Partners uns so aktiviert, weil es uns an ein emotionales Erleben aus unserer Kindheit erinnert, als ein wichtiges Bedürfnis durch eine Bindungsperson (meistens die Eltern) nicht erfüllt oder Grenzen überschritten wurden. Oft waren wir als Kind Gefühlen wie Angst, Hilflosigkeit oder Verlassenheit ausgeliefert. Die damals gewählte Bewältigungsstrategie wird heute von unserem „inneren Kind“ dann automatisch wieder hervorgeholt. Manche Menschen fangen an zu streiten, andere übernehmen Verantwortung, die ihnen nicht gehört, und wieder andere passen sich unter Verleugnung ihrer Bedürfnisse an.
Grundsätzlich können wir drei Bewältigungsstrategien beobachten:
Vermeidung
Unterwerfung oder
Überkompensation.
Durch die reaktive Emotion auf den Trigger (z.B. „Ärger“), die vom Nervensystem und dem Schutzmechanismus gesteuert wird, wird aber das verdeckt, was wir doch eigentlich mit unserem liebsten Menschen teilen möchten: das, was wir in diesen Momenten wirklich fühlen (Kernemotion, z.B. Traurigkeit) und brauchen (Bedürfnis, z.B. Verbundenheit). Der Gefühlsstrudel treibt mit uns davon und so verlieren wir Verbundenheit und Sicherheit. Alles wird immer schlimmer.
Hilfreich dazu finde ich die Emotionszwiebel, die diese Zusammenhänge veranschaulicht.
Wenn wir unsere Trigger kennenlernen und verstehen, haben wir die Chance, unser Verhaltensmuster Schritt für Schritt zu verändern. Unseren „erwachsenen“ Anteil immer mehr zu stärken, ist natürlich nicht so einfach. Aber indem wir nach und nach tiefer liegende Kernemotionen und Bedürfnisse wieder besser wahrnehmen und uns damit zeigen, wird der Ausstieg aus der Dynamik möglich. Die Voraussetzung dafür ist ein sicherer Rahmen, in dem Vertrauen aufgebaut wird. So können alte Bindungsverletzungen durch neue, positive Erfahrungen überschrieben werden.
Akzeptanz und Zugewandtheit als Schlüssel
Trigger sind also etwas, das uns quälen und blockieren kann. Es ist nicht sinnvoll, sie wegzudrücken, zu resignieren oder sich darin zu verstricken, da dadurch die Gefahr besteht, dass die Paardynamik in eine Abwärtsspirale gerät, die beide erschöpft und irgendwann im Desaster endet. Besser ist es, frühzeitig mit liebevoller Neugier hinzuschauen und in freundlicher Zugewandtheit die eigenen Baustellen genauso wie die des anderen als das anzunehmen, was sie sind: alte Prägungen und Strategien, die uns einmal sehr geholfen haben, aber jetzt nicht mehr hilfreich sind. Wenn wir das schaffen, können wir eine ganz neue Tiefe und Intimität in unseren Beziehungen erleben.
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