Menschen haben Konflikte. Kleine und große, innere und äußere. Manchmal brodeln sie leise, manchmal sind sie laut und heftig. Sehr viele zwischenmenschliche Probleme entstehen gar nicht so sehr durch den Inhalt eines Konflikts - Lösungen finden können wir meistens gut. Schwierig ist eher unser Umgang mit Konflikten.
Vor allem fällt es vielen Menschen schwer, Konflikte zu klären. Dafür gibt sicher vielfältigste Ursachen, und natürlich kommt es auch auf die jeweilige Situation an. Wenn auch du zu diesen Menschen gehörst, wirken aber unabhängig davon wahrscheinlich diese drei Gründe in dir:
1. Es fällt dir schwer, deine eigenen Spannungen bewusst wahrzunehmen.
2. Es fällt dir schwer, deine Spannungen anderen zuzumuten.
3. Es fällt dir schwer, die Spannungen anderer auszuhalten.
Eine Spannung in diesem Sinn kann alles Mögliche sein. Sie zeigt sich durch Gedanken, Gefühle und körperliche Empfindungen. Es ist diese Irritation, diese Frage, die in uns auftaucht. Diese Idee, dass etwas verändert werden sollte. Dieses Signal, dass wir etwas brauchen oder nicht haben wollen. Immer geht es um Bedürfnisse, die erfüllt oder nicht erfüllt sind - oder um unsere Grenzen.
Manchmal stellt sich heraus, dass es ein altes Bedürfnis ist, das sich meldet. Etwas, das wir als Kind nicht bekommen haben, so dass wir immer noch ein emotionales Loch in uns spüren. Eine meistens unerklärliche Angst, Wut oder Verzweiflung, die unbewusst wirkt und uns immer wieder aus dem Gleichgewicht bringt. Diese Gefühle, die wir dann selbst oft noch als Bedürftigkeit oder Drama abwerten, um zu funktionieren, drohen irgendwann, uns zu überwältigen. Gerade dann wäre es so gut, sich damit zeigen zu können. Aber gerade dann drücken wir die Spannung gerne weg, denn wir wollen ja nicht „aus einer Mücke einen Elefanten machen“. Die Folge: Der Elefant bleibt, wird immer größer und wirkt in unserem Inneren, und genau das raubt Energie.
Was, wenn wir uns mit unseren Spannungen zeigen könnten?
Was, wenn es sicher wäre, die Emotion zu fühlen, um ihr Raum zu geben? Was, wenn wir uns so gemeinsam ent-spannen könnten, um wirklich in Verbindung zu kommen und unsere Konflikte zu klären? Wenn wir vielleicht sogar dabei viel über uns selbst lernen würden, unsere Werte und Wünsche? Und genauso dem anderen mit einer wohlwollenden Neugier begegnen könnten, statt seine oder ihre Sicht der Dinge mit einem "das geht gar nicht" zu labeln?
In der Theorie klingt das nach einer guten Sache, aber im echten Leben ist da oft eine riesengroße Hürde. Angst davor, zu verletzen oder verletzt zu werden, Scham und Vermeidungsstrategien oder Pseudo-Stärke im Sinne einer unauthentischen Maske halten uns davon ab. Unsere Psyche ist ein sehr intelligentes System, aber durch diese Mechanismen schadet sie uns nachhaltig, wenn wir es nicht schaffen, etwas anders zu machen.
In Konflikten lernen wir uns besser kennen, schärfen unsere Haltung, finden Klarheit und stehen für uns ein.
Sich selbst besser zu verstehen und anzunehmen kann ein erster, wichtiger Schritt sein, um mit einer ganz neuen Haltung in Gespräche über Konflikte zu gehen. Wir brauchen den Spiegel des anderen. So finden wir heraus, was wir wollen und was uns wichtig ist. Können für unsere Werte und Bedürfnisse einstehen, für uns sorgen und unser Leben bewusst gestalten - statt in faulen Kompromissen zu enden, die am Ende unzufrieden und krank machen.
Das wird nicht von heute auf morgen einfach so klappen. Wir sind eben Menschen mit einem hochsensiblen Alarmsystem, das sein Umfeld auf vermeintliche Risiken oder gar Angriffe scannt und blitzschnell hochfährt. Das können und sollten wir nicht ausknipsen. Aber wir können so viel mehr Tiefe in unseren Beziehungen erleben, wenn wir uns Zeit nehmen und bereit sind, uns selbst und dem anderen wirklich mit allen Sinnen „zuzuhören“.
Spannungen sind zunächst einmal nichts anderes als Signale. Sie wahrzunehmen, sich damit zuzumuten und sie auszuhalten kann man üben – das wird mit jedem Mal leichter. Und dein (Liebes-)Leben entspannter.
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